C.S. Lewis
C.S. Lewis über Jesus Christus
Clive Staples "Jack" Lewis (geb. 29.11.1898 in Belfast, Nord-Irland, gest. 22.11.1963 in Oxford), Professor für Literatur des Mittelalters und der Renaissance an der Universität in Cambridge
"Unter ... [den] Juden taucht plötzlich ein Mensch auf, der so spricht, als wäre er Gott. Er behauptet Sünden vergeben zu können. Er sagt, er sei von Ewigkeit an gewesen. Er sagt, er werde am Ende der Zeiten kommen, um die Welt zu richten. Überlegen wir uns, was das heißt! Unter Pantheisten, etwa bei den Indern, könnte jeder sagen, er sei ein Teil Gottes oder eins mit Gott; dabei wäre gar nichts Besonderes. Dieser Mann aber konnte nicht einen solchen Gott meinen, denn er war ein Jude. In seiner Sprache bedeutete Gott jenes Wesen außerhalb der Welt, das die Welt erschaffen hatte und von allem anderen unendlich verschieden war. Wenn man das bedacht hat, wird klar: Das, was dieser Mann gesagt hat, war schlechthin das Unerhörteste, was je über menschliche Lippen gekommen ist. Uns entgeht leicht der Anspruch, der in der Behauptung liegt, Sünden vergeben zu können. Wir haben es so oft gehört, daß uns gar nicht mehr bewußt wird, was damit eigentlich gesagt wird. Diese Behauptung ist so ungeheuerlich, daß sie komisch wirken müßte, käme sie nicht von Gott selbst. Wir alle würden verstehen, daß ein Mensch ein ihm angetanes Unrecht vergibt. Jemand tritt mir auf den Fuß, und ich verzeihe ihm; jemand stiehlt mir mein Geld, und ich vergebe ihm. Was aber sollen wir mit einem Menschen anfangen, der - selber unberaubt und unbehelligt - verkündet, er vergibt allen, die anderen Leuten auf die Füße treten und anderer Leute Geld stehlen? Eselsdumme Albernheit wäre noch die zarteste Umschreibung für ein derartiges Verhalten. Und doch hat Jesus eben dies getan. Er sagte zu den Menschen, ihre Sünden sind ihnen vergeben, ohne erst alle die anderen zu fragen, denen sie mit ihren Sünden Unrecht getan hatten. Ohne zu zögern verhielt er sich, als sei er der am meisten Betroffene, derjenige, demgegenüber man sich am meisten vergangen hat. Das ist nur dann verständlich, wenn er wirklich Gott ist, dessen Gesetze gebrochen und dessen Liebe durch jede Sünde verletzt wird. Im Mund jedes anderen, der nicht Gott ist, würden diese Worte doch wohl ein Maß von Einfältigkeit und Einbildung zum Ausdruck bringen, das in der Geschichte seinesgleichen sucht. Dennoch haben nicht einmal seine Feinde den Eindruck von Einfältigkeit und Einbildung bei ihm, wenn sie die Evangelien lesen, geschweige denn vorurteilslose Leser. Das ist sehr bezeichnend und beachtenswert. Christus sagt von sich, er sei „demütig und sanftmütig“, und wir glauben ihm, ohne zu merken, daß wir - wäre er ein Mensch - nur die wenigsten seiner Aussagen als „demütig und sanftmütig“ bezeichnen würden. Damit versuche ich, jedermann vor dem wirklich läppischen Einwand zu bewahren, er sei zwar bereit, Jesus als großen Morallehrer anzuerkennen, aber nicht seinen Anspruch, Gott zu sein. Gerade das können wir nicht sagen.- Ein Mensch, der solche Dinge wie Jesus sagt, wäre kein großer Morallehrer. Er wäre entweder ein Irrer - oder der Satan in Person. Wir müssen uns deshalb entscheiden: Entweder war dieser Mensch Gottes Sohn, oder er war ein Narr oder Schlimmeres. Man kann ihn als Geisteskranken einsperren, man kann ihn verachten oder als Dämon töten. Oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber man kann ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen."[1] [2]
„Gib dich selbst auf, und du wirst dein wahres Selbst finden. Verlier dein Leben, und du wirst es retten.[A 1] Unterwirf dich dem Tod deiner Ambitionen und Lieblingswünsche an jedem einzelnen Tag und dem Tod deines ganzen Körpers am Ende, unterwirf dich mit jeder Faser deines Wesens, und du wirst ewiges Leben finden.[A 2] Halte nichts zurück. Nichts, das du nicht weggegeben hast, wird dir jemals wirklich gehören. Nichts in dir, das nicht gestorben ist, wird je von den Toten auferstehen.[A 3] Suche dich selbst und du wirst auf die Dauer nur Hass, Einsamkeit, Verzweiflung. Zorn, Auflösung und Verfall finden. Doch suche Christus, und du wirst ihn finden[A 4], und mit ihm alles andere als Zugabe[A 5].“[3]
Anmerkungen
- ↑ Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden. Mt 16,25
- ↑ Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. Joh 12,25
- ↑ Denn wenn wir mit ihm [d. i. Jesus] zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Röm 6,5
- ↑ Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. Mt 7,8
- ↑ Der auch seinen eigenen Sohn [Jesus] nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Röm 8,32
Quellen
- ↑ C.S.Lewis, Pardon, ich bin Christ, S. 56-57
- ↑ Engl. Originaltext: "Then come the real shock. Among these Jews there suddenly turns up a man who goes about talking as if He was God. He claims to forgive sins. He says He has always existed. He says He is coming to judge the world at the end of time. Now let us get this clear. Among Pantheists, like the Indians, anyone might say that he was a part of God, or one with God: there would be nothing very odd about it. But this man, since He was a Jew, could not mean that kind of God. God, in their language, meant the Being outside the world, who had made it and was infinitely different from anything else. And when you have grasped that, you will see that what this man said was, quite simply, the most shocking thing that has ever been uttered by human lips. One part of the claim tends to slip past us unnoticed because we have heard it so often that we no longer see what it amounts to. I mean the claim to forgive sins: any sins. Now unless the speaker is God, this is really so preposterous as to be comic. We can all understand how a man forgives offences against himself. You tread on my toe and I forgive you, you steal my money and I forgive you. But what should we make of a man, himself unrobbed and untrodden on, who announced that he forgave you for treading on other men's toes and stealing other men's money? Asinine fatuity is the kindest description we should give of his conduct. Yet this is what Jesus did. He told people that their sins were forgiven, and never waited to consult all the other people whom their sins had undoubtedly injured. He unhesitatingly behaved as if He was the party chiefly concerned, the person chiefly offended in all offences. This makes sense only if He really was the God whose laws are broken and whose love is wounded in every sin. In the mouth of any speaker who is not God, these words would imply what I can only regard as a silliness and conceit unrivalled by any other character in history. Yet (and this is the strange, significant thing) even His enemies, when they read the Gospels, do not usually get the impression of silliness and conceit. Still less so unprejudiced readers. Christ says that He is 'humble and meek' and we believe Him; not noticing that, if He were merely a man, humility and meekness are the very last characteristics we could attribute to some of His sayings. I am trying here to prevent anyone saying the really foolish thing that people often say about Him: 'I'm ready to accept Jesus as a great moral teacher, but I don't accept His claim to be God.' That is the one thing we must not say. A man who was merely a man and said the sort of things Jesus said would not be a great moral teacher. He would either be a lunatic-on a level with the man who says he is a poached egg--or else he would be the Devil of Hell. You must make your choice. Either this man was, and is, the Son of God: or else a madman or something worse. You can shut Him up for a fool, you can spit at Him and kill Him as a demon; or you can fall at His feet and call Him Lord and God. But let us not come with any patronising nonsense about His being a great human teacher. He has not left that open to us. He did not intend to." C.S. Lewis, Mere Christianity, BOOK II. WHAT CHRISTIANS BELIEVE, Chapter 8, THE SHOCKING ALTERNATIVE
- ↑ C. S. Lewis, Pardon, ich bin Christ, S. 198