Auf der Schwelle zwischen Leben und Tod

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Einleitung

Ian war zur Hochzeit seines Bruders nach Südafrika gereist und legte auf der Heimreise nach Neuseeland einen Zwischenaufenthalt in Mauritius ein, um dort seine Kontakte mit alten Bekannten wieder aufzufrischen. Dieser Aufenthalt sollte sein Leben gründlich verändern; denn. eine Nacht voller Schrecken gestaltete sich zu einem Wettlauf mit dem Tod, wobei Ian sogar die Schwelle nach drüben überschritt.

Geschichte

Helle Blitze zuckten über den Himmel und erleuchteten die schwarzen Sturmwolken, die sich drohend am Horizont über dem Meer auftürmten. "Unter diesen Umständen gehe ich keinesfalls zum Tauchen, du spinnst wohl, wenn du da hinaus willst", entgegnete ich Simon, meinem Begleiter. Er zuckte die Achseln. Er überhörte das und nahm einfach nicht zur Kenntnis, daß ein Sturm heranziehen würde. Schließlich gab ich nach, um kein Spielverderber zu sein, da Simon sicher der bessere Taucher war.

Der Teil des Riffes, den wir ansteuerten, lag neun Kilometer entfernt am anderen Ende der Bucht. Das Naturschauspiel war unglaublich schön. Um 23.00 Uhr saßen wir im Boot und ruderten auf das Ziel zu.

Wir hielten Kurs auf die Seite zum offenen Meer hin, wo das Riff steil abfällt. Der Bootsführer blieb an Bord. Wir wollten zusammenbleiben, doch ohne es zu merken, schwammen Simon und ich in verschiedene Richtungen.

Mit der Hand, an der ich einen Schutzhandschuh trug, griff ich nach einem vermeintlichen Tintenfisch, doch dieses Etwas rutschte mir einfach durch die Finger. Es war wirklich sehr seltsam - so etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen! Plötzlich fühlte ich mich wie von einem heftigen Schlag betäubt.

Mein Arm wurde von einem brennenden Schmerz zurückgestoßen.

Es fühlte sich an, als ob man den Arm in die Stromleitung rammt, während man barfuß auf nassen Boden steht. Ich schaute meinen Arm an und erwartete, Blutspuren zu sehen; doch alles schien normal zu sein, bis auf dieses spürbare, langsame Pochen. Ich dachte, ich könne noch ein paar Langusten einfangen, bevor ich zum Boot zurückkehrte. Vielleicht weiß der Bootsführer was mich erwischt hat. Obgleich mir noch zwei seltsam aussehende Quallen auffielen, die gemächlich in meine Richtung trieben, beachtete ich diese nicht sonderlich. Peng! Da geschah es wieder. Als ich rückwärts gestoßen wurde, stellte ich verwundert fest: das sind die Quallen! Als Rettungsschwimmer hatte ich gelernt, daß einige Quallen außerordentlich giftig sind.

Ich tauchte an die Oberfläche und schnappte nach Luft. Die Sturmwolken hingen tief.

Es wurde schwierig, die Umrisse des Bootes finden. Ich fing an, in Richtung Riff schwimmen, wo das Boot sein mußte. - Plötzlich wieder ein Schlag. Bumm! Während ich knapp an der Wasseroberfläche tauchte und mich in Richtung Riff hielt, richtete ich den Strahl meiner Lampe nach unten und sah zu meinem Entsetzen eine riesige Menge von Quallen. Es schienen Tausende zu sein. Ich empfand es als Ewigkeit, bis ich das Riff erreichte und wenig später Simon fand.

Nach Anweisung von Simon stieg ich aus dem Wasser, wobei ich mit einer weiteren Qualle konfrontiert wurde.

Mühsam kletterte ich auf‘s Riff.

Mein Arm war angeschwollen zur Größe eines Fussballs und war dort, wo er mit den langen Tentakeln in Berührung gekommen war, von Blasen übersät. Simon kam zu mir herüber und wunderte sich, wie um alles in der Welt ich so gesprenkelt aussehen konnte. Als er meinen Arm anschaute, kamen ihm fast die Augen heraus. "Wie viele waren es?", flüsterte er und konnte seine panische Angst nicht verbergen.

Ich hielt vier Finger hoch. "Ich glaube vier." "Durchsichtige Dinger?" "Ja", antwortete ich, ganz erstaunt über seine Fragen. "Eine, und c‘est fini!" Er blieb plötzlich stehen und fuhr mit dem Zeigefinger quer über den Hals. Er war jetzt wirklich von panischer Angst gepackt, genau wie ich.

Box Jelly, oder Meereswespe (Chironex fleckeri), eines der giftigsten Lebewesen der Erde [1][2]

Da ich meinen Arm nicht mehr bewegen konnte, mußten Simon und der andere Taucher mich praktisch durch das Wasser zum Boot zurückschleppen. Auf dem Weg dorthin wurde ich noch einmal getroffen. Meine Begleiter hatten da nichts zu befürchten, weil sie Neopremanzüge mit langen Hosen und Ärmeln hatten. Meine waren nur kurz. Sie luden mich ins Boot und redeten hektisch auf den Bootsjungen ein, daß er mich so schnell wie möglich zurückrudern solle. Wir erreichten die Küste, der Junge brachte mich zur Straße hinauf und ließ mich dort einfach zurück, noch bevor ich ihn daran hindern konnte, wieder zum Boot zurückzurennen. Er rief etwas, das sich anhörte, als ob er seinen Bruder holen wolle, der am Riff stünde. Ich wußte, ich mußte das 18 Kilometer entfernte Krankenhaus erreichen. Diese Straße mußte wohl einer der am wenigsten bevölkerten Landstriche der Insel sein, besonders um Mitternacht. Das Gift fing an zu wirken. Auf der Straße brach ich zusammen und kämpfte darum, nicht einfach einzuschlafen. "Wenn du die Augen zumachst, wachst du nie wieder auf", waren die Worte einer deutlich vernehmbaren Stimme. Während ich diese vernichtende Schläfrigkeit ab schüttelte, versetzte mir die Realität einen Schlag. Wenn ich es nicht bis zum Krankenhaus schaffte und kein Gegengift bekäme, würde ich sterben. Ich zog mich mühsam hoch und humpelte die Straße entlang. Nach ungefähr 100 Metern schöpfte ich eine leise Hoffnung, als ich vor einem Restaurant auf eine Gruppe indischer Taxifahrer traf. "Können Sie mich zum Krankenhaus bringen?", brachte ich mühsam hervor. "Wieviel zahlen Sie uns?", war die Antwort. Verwirrt sagte ich: "Ich habe kein Geld bei mir." "Sie sind verrückt", sagten sie und gingen weg. "Willst du nicht um dein Leben betteln, Ian?" Da war wieder diese Stimme. Ich ging auf die Knie, streckte die Hände aus und bettelte: "Bitte! Bitte fahren Sie mich hin, ich sterbe sonst." Ich schaute auf ihre Füße und zwei Männer gingen lachend weg. Doch der jüngere Mann hatte irgendwie Mitleid und kam herüber, um mir zu helfen. Er hob mich in seinen Wagen und fuhr los. Auf halber Strecke hatte der Fahrer es sich aber anders überlegt, denn vor einem Touristenhotel stieg er auf die Bremse, öffnete die Tür und stieß mich hinaus auf die Straße. Ich dachte über die grausame Welt nach, in der ich lebte. Während ich mich in Richtung Eingang schleppte, spürte ich kaum meine Füße. "Ian! Was ist los? Bist du betrunken, oder was?" Nach einem Blick auf meinen Arm packte mich Daniel, einer meiner Trinkgenossen, und rannte in die Bar. Der Besitzer, ein Chinese, und ein paar Freunde saßen beim letzten Drink für diese Nacht. Er ließ mich zurück und eilte weg. Die anderen wandten sich einfach ihren Drinks zu. Ich bat sie und auch den chinesischen Hotelier, mich ins Krankenhaus zu bringen, doch alle weigerten sich und sagten, ich müsse auf den Krankenwagen warten. Als die Ambulanz ankam, war mein Körper vollständig gelähmt. Auf dem Weg ins Krankenhaus zog mein Leben an mir vorbei. Ich war Atheist, doch ich wußte, daß ich fast tot war und keine Ahnung hatte, was dann kommen würde. Wie in einer Vision sah ich meine Mutter, damals, als ich noch ein kleiner Junge war. Sie hatte mir immer wieder gesagt, "wenn du irgend ein ernstes Problem hast, dann rufe nach Gott." Da ich nicht wußte, was ich sagen sollte, schrie ich einfach im Herzen: "Gott, wenn es dich wirklich gibt, dann hilf mir beten." Sofort kam mir das "Vaterunser" in den Sinn. Zum ersten Mal betete ich wirklich aus ganzem Herzen und lud Jesus Christus ein, mein Leben in die Hand zu nehmen. "Vergib mir, wie ich meinen Schuldnern vergebe..." Mir war auch sofort bewußt, daß ich dem indischen Taxifahrer und dem chinesischen Hotelier verzeihen mußte. Beim Krankenhaus angekommen maß die Krankenschwester zweimal meinen Blutdruck, konnte aber keinen Pulsschlag finden. Ich hatte einen Kollaps erlitten. Die Ärzte versuchten, mit Gegengift- und Dextrose-Injektionen mein Leben zu retten, doch anscheinend vergeblich. Innerhalb von nur wenigen Minuten war ich ihnen entglitten ungefähr 15 Minuten lang war kein Lebenszeichen festzustellen. Während dieser Zeit befand ich mich an einem sehr finsteren Ort. Da ich nicht feststellen konnte, wo ich war, suchte ich nach einem Lichtschalter. Als ich meine Hand ausstreckte, konnte ich aber nichts fühlen. Meine Hände schienen sogar durch meinen eigenen Körper hindurchzugreifen. Ein kaltes Gruseln überkam mich. Allmählich hörte ich aus der Dunkelheit männliche Stimmen, die mich anschrieen: "Halt‘s Maul!", und daß ich es verdiene, hier in der "Hölle" zu sein. Dann kam ein glänzender Lichtstrahl und begann, mich sofort nach oben zu ziehen. Ich fühlte mich davon angezogen und wie ein Stäubchen in einem Sonnenstrahl nach oben getragen. Von unglaublichem Licht durch einen dunklen Tunnel angezogen. Ich ging durch eine Öffnung und fand mich in einem langen, engen Gang wieder. Am anderen Ende dieses Tunnels konnte ich die Lichtquelle entdecken. Sie schien mich mit unglaublicher Geschwindigkeit zu sich zu ziehen. Während ich beobachtete, wurde ich von einer Welle von Licht eingehüllt, die mich mit Wärme und Behaglichkeit füllte. Es war überwältigend als ob eine lebendige Emotion abgestrahlt würde. Die nächste Welle war Liebe, gefolgt von einer weiteren, die pure Freude war. Als ich aus dem Tunnel kam, stand ich in der Gegenwart von herrlichem Licht und von Kraft. Ich dachte, ob wohl jemand in diesem Licht sei, und sofort antwortete eine Stimme: "Ian, möchtest du wieder zurück?" "Wo bin ich?", dachte ich, blickte über meine Schulter und erinnerte mich an das Bett im Krankenhaus. Ich fragte mich: "Ist das nur irgendein phantastischer Traum?" Schließlich antwortete ich: "Ich weiß nicht, wo ich bin, aber wenn ich außerhalb meines Körpers bin, dann möchte ich zurückkehren." Die Stimme sagte: "Wenn du zurückkehren möchtest, mußt du die Dinge in einem anderen Licht sehen." Worte leuchteten vor mir auf: "Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm. (1. Joh. 1,5)." Nie hatte ich in der Bibel gelesen und wußte nicht, daß dies eine Stelle daraus ist. Plötzlich wurde mir bewußt, daß ich mich in der Gegenwart Gottes befand. Er weiß, was ich denke, noch bevor ich es ausspreche. Er muß alles wissen, was ich im Leben falsch gemacht habe. Ich fühlte mich ihm ausgesetzt und wollte wieder zurück in die Finsternis, wohin ich gehörte. Als ich rückwärts gehen wollte, durchflutete mich eine Welle von Licht - es war eine unbeschreibliche Liebe. "Wie konnte Gott mich lieben? Ich hatte nichts für ihn übrig gehabt mein Lebenswandel war äußerst locker ich war auch kein guter Mensch." Egal, was ich sagte, die enorme Liebe floß über mich, und ich begann, hemmungslos zu schluchzen. Es war so überwältigend - ich wußte, er hatte mir vollständig verziehen und akzeptierte mich so, wie ich war. Ich kam näher und sah etwas so Herrliches, wie noch nie zuvor, in diesem Licht war ein Mann, der mit niemandem zu vergleichen war. Er war in Kleider aus schimmerndem Licht gehüllt, ich konnte seine bloßen Füße sehen. Seine Hände streckten sich mir wie zum Willkommensgruß entgegen. Ich wollte ihm ins Gesicht schauen, und das Licht schien sich um das Siebenfache zu intensivieren. Beim Näherkommen fluteten Wellen von Liebe in meine Richtung. Dann trat er zur Seite, und ich sah eine Öffnung zu einer vollkommen neuen Welt mit grünen Wiesen, einem kristallklaren Fluß, sanft geschwungenen grünen Hügeln zu meiner Rechten, Bergen am Horizont vor blauem Himmel und mir zur Linken Felder, die mit Bäumen und Blumen durchsetzt waren. Gerade, als ich eintreten und alles erkunden wollte, kam die Frage: "Nun, willst du noch immer zurück?" Ich hatte keinen Menschen, zu dem ich zurückkehren wollte. Doch als ich "Lebe wohl, du grausame Welt" sagen wollte, tauchte das Bild meiner Mutter auf. Ich wußte, daß sie jeden Tag für mich gebetet hatte und mir den Weg zeigen wollte. Sie hatte keine Möglichkeit, von meinem Gebet auf dem Weg ins Krankenhaus zu erfahren, und ich wußte, sie würde sich wegen meines Todes sehr grämen. "Ich möchte zurückkehren." antwortete ich. Nun verstand ich: wenn ich zurückkehrte mußte ich die Dinge mit Gottes Augen sehen - seine Liebe, Freude, Vergebung, seinen Frieden, alles aus seiner Perspektive, nicht aus meiner zeitlich begrenzten, irdischen Sicht. Während ich in Richtung Tunnel schaute, sah ich in einer Vision meine ganze Familie und tausende und abertausende anderer Menschen. Ich fragte Gott, wer all diese Leute seien, und mir wurde gesagt, daß viele dieser Menschen keine Chance hätten, von ihm zu erfahren, wenn ich nicht zurückkehren würde. Als Antwort auf meine Frage, wie es denn möglich wäre, zurückzukehren, kam: "Mein Sohn, neige deinen Kopf, und du spürst, wie dein Auge feucht wird - öffne es und schau." Unverzüglich war ich wieder in meinem Körper, der auf dem Krankenhausbett lag. Das rechte Bein war erhöht, weil der junge indische Arzt, der um mein Leben gekämpft hatte, meinen Fuß in der einen Hand hielt und mit der anderen mit einem scharfen Instrument in meiner Fußsohle herumstach, wie in einem Stück toten Fleisches. Als er bemerkte, daß er von mir angeschaut wurde, zeigte sich ziemliches Erschrecken in seinem Gesicht. Man sah ihm förmlich an, daß er dachte, er habe vielleicht einen Nerv berührt, der in meinem toten Körper ein Zucken ausgelöst habe. Ich dagegen versuchte mich mit dem auseinanderzusetzen, was ich gerade gesehen hatte - hatte ich gerade Gott gesehen? Während ich wieder und wieder darüber nachgrübelte, hörte ich eine Stimme: "Mein Sohn, ich habe dir soeben das Leben zurückgegeben." Ich erwiderte: "Wenn du es wirklich bist, Herr, dann hilf mir bitte, meinen Kopf zu beugen und auch das andere Auge zu öffnen." Allmählich hatte ich genug davon, das entsetzte Gesicht des Arztes zu sehen. Kraft kehrte wieder zurück in meinen Nacken, ich öffnete das linke Auge und sah eine Reihe von Krankenschwestern und Pflegern im Eingang stehen; sie blickten derart verdutzt drein, als ob gerade einer von den Toten auferstanden wäre. Als mein Blick ihre Augen traf, sprangen sie ganz erschrocken zurück. Ich war 15 Minuten tot. Jetzt betete ich zu Gott, mich zu heilen. Er wirkte ein Wunder, ich konnte am nächsten Tag aus dem Krankenhaus hinausmarschieren. Gott sagte mir dann, er wolle, daß ich als Christ die Bibel, sein geschriebenes Wort, lesen soll. Während der nächsten sechs Wochen las ich die Bibel von vorn bis hinten. Mein Leben hat sich radikal verändert und ist nie mehr so geworden wie vor dem Tag, als mir Jesus Christus seine Herrlichkeit zeigte. Später las ich in einem Surf-Magazin über die "Todesliste in den Tropen" - ein Surf-Führer für Reisende. Da laß ich was von Seeschlangen, Skorpionfischen, etc. all diese tödlichen Dinge. Die meisten Surfer wissen darüber Bescheid. Im nächsten Abschnitt: "Ox-Gelly-Fish", (Meereswespen), wurde beschrieben. wie sie aussahen, was sie machen, wie sie töten. Als ich dies las, wußte ich, daß war es, was mich getroffen hatte. Ich sah kein Bild von dem Tier, aber ich wußte, daß es mich getroffen hat.

Ian Mc Cormack erholte sich vollständig vom Gift dieser tödlichen Qualle (Seewespen). Seine Begegnung mit Gott veränderte sein Leben in allen Bereichen. Sein Hang zu Alkohol, Drogen, und dem überaus lockeren Lebenswandel verschwand. Heute sagt er, daß eine Begegnung mit Gott das Überwältigendste ist, das ein Mensch jemals erleben kann.

von Ian McCormack, Neuseeland

Einzelnachweise